Der Großraum rund um Barcelona ist bekannt für seine Vielzahl an Campingplätzen und wahrscheinlich sollte man diese auch hier und da in Anspruch nehmen. Oder sich zumindest die Plätze, wo man sein Zuhause auf Rädern abstellt, gut auswählen. Wir taten beides nicht und das Ergebnis war eine zerbrochene Fensterscheibe, ein ausgeräumter Pauli und zwei Reisepässe weniger. Doch dazu später etwas mehr.
Dass wir länger nichts mehr von uns hören ließen, lag unter anderem daran, dass wir mit dem angeblich ach so „herrlichen Monat Mai“ den wahrscheinlich intensivsten und emotionalsten Monat unserer Reise erlebt haben.
Dabei war zu Beginn alles super entspannt und fein:
Europa und vor allem der vier Monate in Griechenland verweilende Pauli hatten uns nach unserer Ankunft am Flughafen in Athen sofort wieder in sein Herz geschlossen und so starteten wir nach einer zweitägigen Jetlag-Auszeit in einem Athener Hotel mit der vierten Etappe unserer Reise.
Diese führte uns durch die wunderschöne Berglandschaft Griechenlands nach Albanien wo wir vor allem in der Hauptstadt Tirana eine unglaublich moderne und aufstrebende Stadt kennenlernen durften, die uns bestimmt noch lange in Erinnerung bleiben wird. Die Tatsache, dass hier vor allem die vielen jungen Menschen einen EU-Beitritt „ihres Albaniens“ für notwendig halten und die Idee eines vereinten Europas vor allem bei der „Jugend von Heute“ einen so hohe Stellenwert hat, weckte ein schönes und hoffnungsvolles Gefühl in uns.
Podgorica, der Hauptstadt Montenegros statteten wir nur einen kurzen Besuch ab, um uns dann dafür in Mostar und Sarajevo dem bosnischen Flair voll hinzugeben und uns vor allem in Sarajevo mit dem bunten Mix an Kulturen treiben zu lassen, wie es sonst nur den Enten und Schwänen auf der Miljacka gelingt. Dass es sich lohnt, abseits der Adriaküste mit dem Camper über den Balkan zu reisen, davon waren wir spätestens nach diesen wunderschönen Wochen überzeugt.
Es gibt Dinge, die lassen sich auch auf Reisen nicht verhindern: zum Beispiel die jährliche Prüfung des fahrbaren Untersatzes durch eine Fachwerkstätte.
Selbst wenn wir in den letzten zehn Monaten immer wieder aufs Neue überrascht wurden, was innerhalb Europas länderübergreifend schon alles problemlos möglich ist, die im Paragraph 57 des österreichischen Kraftfahrgesetzes verankerte Begutachtung eines KFZ gehört nicht dazu.
So kam es, dass wir tatsächlich einen nicht geplanten Abstecher nach Graz einlegen mussten, welchen wir für uns aber von Beginn an als „Durchreise“ deklarierten und diese auch dementsprechend gestalteten: Familie herzen, eine Handvoll Freunde treffen und das Notwendigste erledigen. Den „gelben Engeln“ sei Dank durften wir ohne große Reparaturen nach gut einer Woche unsere Reise dann auch wieder fortsetzen.
Voller Freude und ungebrochener Reiselust machten wir uns weiter auf den Weg Richtung Süden, begleitet von einer bezaubernden Freundin mit ihrem VW Bus. Rund 1.500 Kilometer später, auf wunderschönen Passstraßen durch die französischen Alpen und entlang der Côte d’Azur, empfingen wir sodann den radelnden Göttergatten unserer Wegbegleiterin. Wenig später hieß es beim legendären Kirschenfest im lieblichen Örtchen Cèret (von hier bekommt der französische Staatspräsident jährlich den ersten Korb Kirschen geschenkt) dann aber auch schon wieder wieder Adieu.
Nach diesem Abschied war für uns eigentlich klar, dass wir uns gemütlich dem Atlantik entlang weiter in den Norden Frankreichs begeben.
Doch dann kam das Leben dazwischen.
Und wenn wir auf unserer Reise etwas gelernt haben, dann dass man wenn das Leben ruft, diesem Ruf ohne lange abzuwiegen folgen sollte. So kam es, dass wir, aus persönlichen Gründen, unerwartet für eine Woche nach Hause wollten und da ein Flug von Barcelona die schnellste (und ja, auch günstigste) Möglichkeit darbot, ließen wir unseren Pauli nur 10 Gehminuten vom El Prat Airport in Barcelona stehen und hoben ab nach Gratwein-Straßengel.
Desto weniger sich Pauli in den vier Wintermonaten in Athen unterkriegen ließ, die eine Woche in Barcelona war letztendlich auch für ihn die vielleicht härteste auf der gesamten Reise. So kam es, dass wir nach einer intensiven Woche zuhause noch einmal eine intensive Woche in Barcelona erleben mussten.
Auf einem spanischen Polizeiposten Anzeige zu erstatten, eine eingeschlagene Fahrerscheibe ersetzen zu lassen, beim österreichischen Konsulat in Barcelona zwei neue Notpässe zu organisieren und bei IKEA eine neue Bettwäsche zu besorgen - denn selbst die hat der Dieb oder die Diebin uns nicht zurückgelassen - das kann, aber muss man auf Reisen nicht erlebt haben und setzte uns dann doch auch auf emotionaler Ebene ziemlich zu.
Heute, zwei Wochen später, ärgern wir uns über das, was uns passiert ist nicht mehr, sondern sind froh, dass wir nach wie vor noch auf Reisen sein dürfen. Vielleicht auch deshalb, weil wir mittlerweile erfahren haben, dass der Dieb/die Diebin am Flughafen in Barcelona geschnappt wurde und die Polizei all unsere Dinge - bis auf die Reisepässe - sicherstellen konnte und zu uns nach Hause schicken wird.
Mittlerweile sind wir im Norden Frankreichs angekommen. Hier in der Normandie fühlt es sich in den Dörfern so an als wäre jeden Tag Sonntag und das ist irgendwie genau das, was uns nach diesem intensiven und emotionalen Monat Mai gerade sehr gut tut. Am Freitag geht es für uns für 19 Stunden auf die Fähre, denn wir setzen nach Irland über und sind guter Dinge, dass wir auf der grünen Insel diesen Sonntagsblues fortsetzen werden.
Denn das Leben ruft nicht nur, es spielt auch immer wieder seine eigene Melodie…
Bis bald!
Daniela und Armin
Back to Top